BMWi-Studie zu Sozialunternehmen
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Sozialunternehmen: BMWi-Studie von EVEREST beleuchtet interessantes Phänomen

(2. UPDATE)

Das Thema Social Entrepreneurship, oder zu deutsch: Soziales Unternehmertum, hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufstieg in der Gründungslandschaft erlebt. Um so mehr erfreut sich der Praxisleitfaden „Soziales Unternehmertum“ (direkter Download) des Bundeswirtschaftsministeriums anhaltender Beliebtheit. Seit einiger Zeit liegt er mit hilfreichen Tipps und Hinweisen auf mehr als 100 praxisgeprüfte Unterstützungsangebote in zweiter, aktualisierter Auflage vor.

Anfang 2016 hatte das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin die Studie „Herausforderungen bei der Gründung und Skalierung von Sozialunternehmen“ veröffentlicht, die EVEREST maßgeblich miterarbeitet hat. Sie liegt dem Leitfaden zugrunde und beschreibt die spezifischen Rahmenbedingungen und Herausforderungen für dieses spannenden Marktsegment zwischen Kommerz und Gemeinnützigkeit.

Sozialunternehmertum, also die Idee, mit unternehmerischen Methoden gesellschaftliche Probleme zu bearbeiten, gewinnt weltweit Verbreitung und Aufmerksamkeit. Der seinerzeitige EVEREST-Experte Michael Unterberg hat in Zusammenarbeit mit iq consult, dem Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz ISM und der Zeppelin Universität herausgearbeitet, welche Rahmenbedingungen Social Entrepreneurs benötigen, und gibt einen Überblick über die Situation in Deutschland: Was ist dran am Phänomen Sozialunternehmertum? Brauchen Sozialunternehmen andere Start- und Wachstumsbedingungen als „klassische“ Unternehmen? Zählt zum unternehmerischen Selbstverständnis mehr als nur die ökonomische Leistungsfähigkeit?

„Für das BMWi sind Social Entrepreneurs wichtig, denn sie stärken sowohl unsere Volkswirtschaft als auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“, erläuterte Iris Gleicke, Parlamentarische Staatsekretärin im BMWi, auf der Pressekonferenz zur Studienveröffentlichung. „Natürlich können Sozialunternehmen den Sozialstaat niemals ersetzen. Aber Marktwirtschaft und Solidarität stehen nicht im grundsätzlichen Widerspruch zueinander. Karitativer Einsatz ist durchaus mit dem Wunsch nach einem vernünftigen Einkommen vereinbar.“

Soziales Unternehmertum ist kein grundsätzlich neuer Ansatz. In Deutschland etwa haben Persönlichkeiten wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Adolf Kolping bereits im 19. Jahrhundert eine sozialunternehmerische Tradition begründet. Neu ist die konsequente Innovationsausrichtung, mit der gegenwärtig junge Talente unter Bezeichnungen wie „Social Business“ und „Social Entrepreneurship“ wirtschaftlich nachhaltiges Handeln und gesellschaftlichen Veränderungsanspruch zusammenführen.

 

Angesichts immer komplexerer und eskalierender Herausforderungen für Staat und Zivilgesellschaft verwundert diese Entwicklung nicht. Beispiele aus dem Bereich Versorgung und Unterstützung von Flüchtlingen, wie die Kleiderkammer in Hamburg oder die Kiron Universität in Berlin, verdeutlichten im Studienzeitraum die Reaktionsschnelligkeit und Leistungsfähigkeit sozialunternehmerischer Ansätze.

Unternehmen, die das Neben- und Miteinander von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Zielstellung von Beginn an zum Kern ihrer Geschäftsmodelle machen, stellen auch aus Sicht der Gründungs- und Wirtschaftsförderung in Deutschland eine neue und spannende Zielgruppe dar. Ziel sollte es sein, Social Entrepreneurs geeignete Rahmenbedingungen zu bieten, um erfolgreiche Sozialunternehmen gründen, etablieren und skalieren zu können. Es ist bisher nicht ersichtlich, ob und wie die bestehenden Förderstrukturen und -instrumente auf Bundes- und Länderebene dies leisten können.

Das Autorenteam um Michael Unterberg beschreibt die Szenerie in Deutschland systematisch und kommt zu dem Schluss, dass Sozialunternehmen ein großes Potenzial für die Entwicklung innovativer betriebswirtschaftlicher Lösungsansätze für gesellschaftliche Problemstellungen und die Verbreitung einer gesellschaftlich stärker verankerten Unternehmens- und Gründungskultur in Deutschland bieten. Sie stellen zudem den zentralen Nachfragefaktor für die Entstehung eines privaten Markts für wirkungsorientierte Investitionen dar.

Für EVEREST bedeutet Social Entrepreneurship v.a. zwei Dinge: Eine Chance für mehr Gründergeist und neues Unternehmerbild. Daher empfehlen wir dem BMWi, hier die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu müsste in einem ersten Schritt ein Monitoring gehören, ob und wie stark die Förderlandschaft Sozialunternehmen abdeckt und erreicht.

Die Empfehlungen präsentiert die Studie in Form von 10 Thesen. Sie stehen hier kostenfrei in der Zusammenfassung der Studie zum Download bereit.

1. UPDATE: Ende Juni 2016 stellte Iris Gleicke, Parlamentarische Staatssekretärin beim BMWi, die Studie nochmals bei der KMU-Konferenz zu Social Entrepreneurship vor. Hier in Bild und Ton:

In Heft 02/2016 der Zeitschrift „Ländlicher Raum“ hat Michael Unterberg das Thema auch für die Agrarsoziale Gesellschaft e.V. aufbereitet.

2. UPDATE Oktober 2019: Hinweis auf die zweite Auflage und Korrektur des Download-Links.

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bhp