Schulden, Insolvenz, Arbeitslosigkeit – so enden viele unternehmerische Karrieren, die einst hoffnungsvoll ihren Anfang nahmen. Warum ist das so? Wie ließe sich das ändern? Und welche Rolle könnten digitale Plattformkonzepte bei der Krisenbewältigung spielen? Für die komplexe Zielgruppe der Soloselbstständigen und Kleinsunternehmer*innen in akuter Existenzgefahr hat uns die Hamburger Sozialbehörde mit Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) beauftragt, ein neuartiges Beratungsangebot aufzubauen und zu betreiben.
Unter dem Namen “InStart” haben wir Ende März eine neue kostenfreie Beratungsplattform an den Start gebracht. Sie wendet sich an Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmer*innen in wirtschaftlich existenziellen Krisen.
Das Angebot baut auf den Erkenntnissen einer Machbarkeitsstudie aus 2021 auf, die wir im Folgenden nochmals kurz zusammenfassen.
Wenn sich die Schulden und die Selbstzweifel auftürmen, wenn die Umsätze wegbrechen und die Gläubiger Schlange stehen, beginnt für viele Unternehmerinnen und Unternehmer eine wahre Odyssee: von der Schuldnerberatung zur Arbeitsagentur, von der Insolvenzanwältin zur Handelskammer usw. Bildhaft gesprochen, „schwimmen“ sie von Angebotsinsel zu Angebotsinsel – und verlieren unterwegs viel Kraft, die sie dringend für einen Neuanfang bräuchten.
Das Problem: Die Angebote für Unternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, sind zu wenig miteinander verknüpft und werden – gerade auch wegen der oben beschriebenen Odyssee - im Durchschnitt zu spät in Anspruch genommen. Ein ganzheitlicher, interdisziplinärer Ansatz ist bislang Fehlanzeige, meist können in der Beratung nur Teilaspekte in den Fokus genommen werden. Insbesondere mit den psychischen Tiefs, die eine Unternehmenskrise begleiten, sind die Betroffenen und ihre Ansprechpersonen oft gleichermaßen überfordert.
Das hat zur Folge, dass viele sinnvolle Optionen gar nicht oder zu spät ins Auge gefasst werden und irgendwann eine Insolvenz einschließlich ALG-2-Bezug der einzige Ausweg zu sein scheint. Das ist bitter, nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für Staat und Gesellschaft, denn das großartige Potenzial der (ehemaligen) Unternehmerinnen und Unternehmer wird ab dann nicht mehr genutzt.
Gebraucht - und mit InStart erstmals erprobt - wird daher ein neuartiges Insolvenz- und Neustartmanagement, das
Hierbei können digitalisierte Prozesse eine Schlüsselrolle spielen. Über eine Online-Plattform können die verschiedenen in der Insolvenz- und Schuldnerberatung tätigen Akteure in einen gemeinsamen Workflow gebracht und ihr Know-how für alle Interessierten niedrigschwellig und effizient zugänglich gemacht werden. Der Beratungsprozess könnte früher starten, als es bis jetzt der Fall ist - idealerweise also zu einem Zeitpunkt, wo ein Umsteuern für die Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer noch möglich ist.
Zugleich kann ein digital unterstützter Analyseprozess helfen, ihnen einen individuellen Weg aus der Krise aufzuzeigen und die verschiedenen Optionen für sie zu filtern. Nicht immer ist die Insolvenz das letzte und beste Mittel in einer Unternehmenskrise. Je nachdem, wie hoch die Schulden sind, worin die Ursachen für die Krise liegen oder wie weit die persönlichen Kraftreserven des Betreffenden reichen, kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht, etwa eine unternehmerische Weiterbildung oder eine grundlegende Entrümpelung und Neuausrichtung des Geschäftsmodells.
Über allem sollte dabei das Prinzip des Empowerments stehen, also das Ziel, den Betreffenden wieder zu einer positiven Grundeinstellung zu verhelfen und ihr Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu stärken. Sie könnten sich zum Beispiel untereinander vernetzen, voneinander lernen und nach dem Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ dabei unterstützt werden, ihr Schicksal anzupacken und an der Krise zu wachsen, statt daran zu zerbrechen.
Wir freuen uns, dass wir mit InStart eine solche Innovation für Hamburg schaffen dürfen.
Besteht Interesse am Thema Insolvenz, Krisenberatung und Neustartmangement für Kleinunternehmen? Wir sind offen für einen Austausch hierzu und freuen uns sehr auf deine Anfragen.
Betroffene Selbstständige können sich kostenfrei an die Hotline 040 52 474 1818 wenden oder vorab einen telefonischen Beratungstermin buchen.
Du willst mehr zum InStart-Hilfsprogramm wissen? Dann hör dir die passende KriseChance-Podcastfolge an. Darin zieht Marco Habschick eine Zwischenbilanz aus der Startphase. Sein Gesprächspartner Jan Duken aus dem InStart-Beratungsteam gibt dabei hilfreiche Tipps für alle Betroffenen. Hör dir die Folge an – gemeinsam meistern wir die Krise!