Laptop mit Lupe auf Autoentrepreneur
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Autoentrepreneur­ship in Frankreich: Selbstständigkeit testen, mit weniger Risiko und Bürokratie

Eine Inspiration für Deutschland?

Die Gründungszahlen in Deutschland sind auf dem Tiefpunkt! Das ist leider keine neue Information, aber eine wichtige. In Zahlen gesprochen bedeutet dies: 57.000 weniger Menschen, die sich im Jahr 2022 im Vergleich zum Jahr 2021 selbstständig gemacht haben. Das ist ein Minus von 9 Prozent. Die Zahlen sinken sowohl im Voll- als auch im Nebenerwerb (Metzger, 2023).  

Gleichzeitig können sich aber über 3,1 Millionen Erwachsene* laut German-Entrepreneurship-Monitor vorstellen, innerhalb der nächsten drei Jahre zu gründen (GEM, 2022/2023). Nach Erhebungen des Sozio-ökonomischen Panels sind es sogar 4,1 Millionen Personen, die auf einer Skala von 1 bis 10 eine 10 wählen und sich damit „auf jeden Fall“ eine Selbstständigkeit vorstellen können (Stand 2016). Und auch die junge Bevölkerung ist motiviert: 64 Prozent der unter 30-Jährigen haben Interesse an einer Selbstständigkeit. Titelstories wie: “Deutschland ist kein guter Ort für Selbstständige”, wie jüngst in der WELT erschienen, sind jedoch wenig motivierend. Deshalb stellt sich die Frage:
 

Was hindert die gründungsmotivierten Menschen daran, sich selbstständig zu machen?

Auch die Antwort darauf ist nicht wirklich neu. Bürokratie ist der meistgenannte Hinderungsgrund. So geben 23 Prozent der Erwerbstätigen ohne Gründungserfahrung an, dass weniger Bürokratie bei ihnen eine sehr starke positive Wirkung in Hinsicht auf die Gründungsmotivation erzielen würde (Metzger, 2023a). Eine Vereinfachung der Verwaltung hätte dabei einen positiven Effekt auf die individuelle Lebenssituation der Personen, die sich dadurch selbst verwirklichen können. Zusätzlich würde diese Entwicklung die deutsche Wirtschaft stärken. Insbesondere Soloselbstständige, die als freie Mitarbeiter*innen in Unternehmen arbeiten, fördern dort Innovationen und sorgen für einen höheren Digitalisierungsgrad wie der Bundesverband für selbstständige Wissensarbeit e.V., der Verband der Gründer und Selbstständigen in Deutschland e. V. und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Köln in ihrer Studie herausfanden (Stettes, 2023). 

Deswegen fragen wir uns, wie sich die Gründungslandschaft Deutschlands transformieren kann, um mehr Menschen dazu zu motivieren, sich einfach mal auszuprobieren. Um diese Frage zu beantworten, kann ein Blick zu unseren Nachbarn helfen – nach Frankreich.

Was steckt hinter dem Begriff Autoentrepreneur?

Franzosen und Französinnen können seit 2009 Autoentrepreneur*innen werden (seit 2014 Micro-Entrepreneur). Dabei handelt es sich um einen Status, den Einzelunternehmer*innen wählen können, wenn sie unter einer bestimmten Umsatzgrenze bleiben. Der Status beinhaltet steuerliche und sozialversicherungstechnische Besonderheiten, die ihn im Vergleich zu den anderen Optionen sehr unbürokratisch machen. Eines lässt sich auf jeden Fall sagen: Der Autoentrepreneur-Status wird angenommen. Seit Einführung gab es einen Zuwachs von 33 Prozent an Selbstständigen in Frankreich (INSEE, 2020). Während in anderen europäischen Ländern die Gründungszahlen während der Pandemie sanken, stiegen sie in Frankreich (GEM, 2021 France). Seit seiner Einführung gab es einen regelrechten Boom (OECD, 2015). Im Juni 2022 waren 2,5 Millionen Franzosen und Französinnen als Autoentrepreneure registriert (URSSAF, 2023).

Ausblick

Wie kann der Autoentrepreneur-Status uns dabei helfen, mehr Innovationen, Unternehmertum, spannende Gründungsgeschichten und Erfolge mit Raum zum kreativen Ausprobieren nach Deutschland zu bringen? Das interessiert uns als EVEREST.

Denn Transformation beginnt mit Aktion – oder, wie in diesem Fall, mit einem Blick über die eigenen Grenzen. Schauen wir mal, wohin dies trägt.

* Eigene Berechnung: Anzahl der Erwerbstätigen in Deutschland laut Destatis für 2022 im Jahresdurchschnitt (45,6 Mio) und den Entrepreneurial intentions (6,9%) aus dem Global Entrepreneurship Monitor 2023 

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bhp